„Seine“ Oma Lina ist eigentlich seine Nachbarin, aber das ist für Jasper nicht wichtig. Ein Mal in der Woche holt sie ihn nach der Schule ab, bis eines Tages Jaspers Mutter dort auf ihn wartet und ihm erklärt, dass Oma Lina ins Krankenhaus muss. Zum Glück hat Jasper noch die Gelegenheit, sich zu Hause von seiner Oma zu verabschieden, denn in der Nacht verstirbt sie im Krankenhaus. Bei ihrem Abschied hat sie Jasper etwas Wichtiges vermacht: Ihr Pfannkuchenbuch, aus dem sie jeden Mittwoch gemeinsam nach alten Rezepten Pfannkuchen gebacken haben. Nachdem sich alle im Krankenhaus von der Verstorbenen verabschiedet haben, müssen alle praktischen Dinge für die Beerdigung und die Zeit danach erledigt werden. Am Tag der Beerdigung richtet Jasper dann für seine Oma etwas ganz Besonderes aus…
In diesem Buch zum Thema „Tod“ verwenden die Eltern keine verschwurbelten, geheimnisvollen Erklärungen, die ein Kind möglicherweise noch ratloser, trauriger und verwirrter zurücklassen. Natürlich möchten seine Eltern möglichst viel Traurigkeit von Jasper fernhalten. Daher sind sie ehrlich und präzise und lassen Jasper an den Beerdigungsvorbereitungen teilhaben. Das nimmt ihm hier die schlecht zu fassende Angst vor dem Thema Tod, aber auch vor dem traurigen Verabschiedungsakt an sich.

Auf Wunsch von Jasper liest der Pfarrer sogar etwas vor, das Oma sehr mochte. Durch Eduard Mörikes „Frühling lässt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte“ ist Oma auch am Tag der Beerdigung zwar unsichtbar, aber präsent. Ist das nicht ein tolles Zeichen der Hoffnung und des Neuanfangs? Und es ist so herzerwärmend, dass es nach der Beerdigung beim gemeinsamen Essen für alle Pfannkuchen gibt.
Jasper weiß, was mit Oma Lina passiert ist, was bei der Beerdigung mit ihr passieren wird und er weiß ganz sicher: „Oma Lina und ich sind für immer Freunde und sie denkt an mich – jedes Mal bei einem unserer leckeren Pfannkuchen.“

Zunächst hat mich die Offenheit der Eltern irritiert. Wie kann man Jasper den Tod seiner Oma nur so unverwandt mitteilen? Und wieso „darf“ er mit seinen Eltern den Sarg aussuchen? Aber je mehr ich mich mit dem Bilderbuch auseinandergesetzt habe, umso richtiger und besser erscheint mir diese Vorgehensweise.
Die Illustrationen passen hier perfekt zum Text. Es gibt keine diffusen Zeichnungen, in denen Oma Lina geheimnisvoll vom Himmel aus auf Jasper hinabsieht. Es gibt auch so genug tolle Zeichen der Verbundenheit. Kindern unter 5 Jahren würde ich das Buch allerdings erst einmal nicht vorlesen.
Hermien Stellmacher und Barbara Korthues (Ill.) Nie mehr Oma-Lina-Tag? Gabriel Verlag, ab 5 Jahren, erschienen am 24. August 2021, 978-3522305860