Warme wachsende Erinnerungen: „Der Baum der Erinnerung“ von Britta Teckentrup

Im Wald rieselt leise der Schnee. Inmitten der winterlichen Ruhe legt sich der alte Fuchs auf eine Lichtung und schläft ganz langsam für immer ein. Nach und nach kommen die Tiere des Waldes herbei und trauern um ihren Gefährten. Der Fuchs hat sie verlassen! Aber ein Leben ohne den Fuchs können sie sich doch gar nicht vorstellen! Die Tiere sind traurig und mit jeder weiteren Schneeflocke scheinen die Herzen der Waldbewohner schwerer zu werden. Sie sitzen zusammen, um in gemeinsamen Erinnerungen an ihren Freund zu schwelgen – und erzählen Stunde um Stunde… Ganz langsam wächst aus ihren schönen Erinnerungen etwas Neues heran, das immer größer wird und schließlich allen ein gemeinsames Zuhause bietet.

Wie erklärt man Kindern den Tod? Muss man ihnen den Tod „erklären“? Und kann man das überhaupt?

In Britta Teckentrups „Der Baum der Erinnerung“ kann der Leser auf den ersten Seiten die Stille im Wald und das Rieseln des Schnees beinahe körperlich spüren. Er hält inne und als schließlich alle Tiere des Waldes herankommen, um sich vom Fuchs zu verabschieden, hält dieses Gefühl der Stille und Ehrfurcht beim Leser weiter an. Die Bilder erzeugen durch die unaufdringlichen Illustrationen ein Gefühl von Friedlichkeit – der Tod des Fuchses ist im Buch keinesfalls etwas Negatives, sondern ein (besonders durch die Typografie des Buches unterstützter) friedvoller Übergang in etwas Abstraktes, das sich unter den Lebenden niemand vorzustellen vermag. Auch der Text ist einfühlsam: „Still“, „gemütlich“ und mit viel „Herz“ und „Wärme“ geschrieben. Der Fuchs selbst verschwindet zwar unter immer mehr Schnee – aber die Erinnerungen an ihn wehen nicht einfach so davon. Sie haben Wurzeln geschlagen und lassen den orangeroten „Baum der Erinnerung“ wachsen. Nach dem Tod des Fuchses stellt die Autorin die Tiere nicht direkt wieder quirlig dar; allerdings verbleiben sie auch nicht in ihrer Trauer, sondern besinnen sich auf das, was den Fuchs ausgemacht hat und was sie ganz persönlich mit ihm verbinden.

Das Besondere an diesem Märchen ist, dass in den Bildern kein harter Gegensatz zwischen Leben und Tod aufgebaut wird, der sich in „hell und dunkel“ oder „farblos und bunt“ äußert. Es gibt kein Schwarz oder Weiß im übertragenen Sinne – Trauriges und Schönes mischen sich! Das Buch kommt daher mit ein paar wenigen gedeckten Farben aus: Dunkelgrün, blau und braun. Das Orange des Fuchses sticht dabei heraus und bildet den orangeroten Faden der Geschichte.

„Erklärt werden“ muss und soll der Tod hier nicht! Britta Teckentrup schafft es aber, dass Kinder und Erwachsene etwas über das Leben und die Vergänglichkeit erspüren können – und das auf sehr sanfte Art und Weise: Schöne Erinnerungen an einen Verstorbenen sollen, können und dürfen schmerzen, sorgen aber auch dafür, dass er nie wirklich geht und halten in kalten Zeiten warm.

Britta Teckentrup Der Baum der Erinnerung ab 4 Jahren, Ars edition, erschienen am 23. Januar 2017, 978-3-8458-0184-1

(Werbung, unbezahlt, Rezensionsexemplar erhalten)