Finde deine eigene Tür: „Luftigruß“ von Maja Kastelic

Ein Bilderbuch (fast) ohne Text? Kann das gehen? Ja! Hier sogar unglaublich gut!

Ein Junge wird von einem kleinen Papierflieger aus dem Haus gelockt und läuft ihm staunend hinterher. Er kommt an verlassenen Häusern vorbei und muss durch dunkle Gassen gehen. Plötzlich öffnet sich eine Tür, hinter der Licht brennt. Eine Katze steckt ihren Kopf heraus und wie von selbst versteht der Junge, dass er ihr durch das Haus folgen soll. Dabei entdeckt er wie bei einer Schnitzeljagd Kinderzeichnungen, die ihm den Weg durch die verwinkelten Flure und verlassenen Räume weisen. Schließlich erklimmt er einen hell erleuchteten Dachboden, auf dem er auf ein kleines Mädchen trifft, das unermüdlich und mit einem Lächeln auf dem Gesicht viele weitere Papierflieger bastelt…

Da das Buch (bis auf ein wundervolles und die Bilder ergänzendes Gedicht am Ende der Geschichte) ohne Text auskommt, eröffnet es viel Freiraum für eigene Interpretationen. Kindern bietet das „Bilder“-Buch beim gemeinsamen Anschauen mit einem Erwachsenen die Möglichkeit, aufgrund des fehlenden Textes selbst eine Geschichte zu erfinden und die Details zu betrachten, die sich von den düster gezeichneten Fassaden der Häuser absetzen. Es läd die Gedanken dazu ein, ganz fliege-frei zu sein. Und meine fliegen so:

Der Hintergrund besteht aus dunklen und wenig einladend wirkenden Häuser, hinter deren Fenstern zwar Licht brennt, die Menschen dahinter aber nur schemenhaft zu erkennen sind. Das Einzige, das sich immer vom grauen Hintergrund abhebt, sind die Kinder mit ihrer naiven Neugierde und dem Blick für Sachen, die Erwachsenen gar nicht auffallen. Der Junge läuft immer dem Lichtschein hinterher, so dass sich ihm durch Zufall ganz am Ende seines Weges im übertragenen Sinne eine Tür öffnet, hinter dem er ein Mädchen findet, das genau neugierig und offen ist wie er selbst. Gemeinsam schicken die Beiden ihre Gedanken in Form von Papierfliegern über die Dächer der Stadt, die dadurch Stück für Stück heller und freundlicher wird.

Sinnbildlich seine eigene „Tür“ zu finden und sich zu trauen, durch sie hindurch zu gehen, erfordert eine große Portion Mut. Manchmal bedarf es dazu aber nur eines kleinen Anstupsers (wie hier durch die Katze). Auch wenn man im Leben nicht weiß, was sich hinter einer jeden Tür verbirgt, sollte man trotzdem mutig einige davon öffnen. Denn wie sagt man so schön: Manchmal eröffnen sich einem ganz neue Türen – und das sind ja meistens die, von denen man gar nicht wusste, dass sie existieren! Und häufig findet man hinter ihnen viele Gleichgesinnte, die einem den Flieger zurückschicken, den man selbst hat fliegen lassen, oder sogar gemeinsam mit einem weitere bauen.

Das Tolle für Kinder ist, dass das Buch am Ende noch eine Anleitung für einen selbstgebastelten Flieger bietet. Schon für Kinder ab 3 Jahren ist das Buch eine tolle Entdeckung und regt ungemein die Fantasie an.

Und für alle großen Bücherverrückten, die Bücher gerne anfassen, sie im Regal bestaunen und sogar gerne an ihren riechen: Das Cover ist wie ein Papierflieger gestaltet und hat einen toll eingestanzten Schriftzug, den man gerne mit den Fingern nachfährt.

Das Buch ist ein toller Anstoß zum gemeinsamen Geschichten-erfinden mit Kindern, kann aber auch ein tolles Geschenk mit einem Denkanstoß für erwachsene Freunde und Buchliebhaber sein.

 

Maja Kastelic (mit einem Gedicht von Aleš Šteger) Luftigruß ab 3 Jahren, erschienen am 23. September 2016, 978-3-95939-033-0

(Werbung, unbezahlt, Rezensionsexemplar erhalten)