Ein Buch: Eine linke und eine rechte Seite. Die rechte Seite ist leer, auf der linken steht ein Aufpasser, der die Grenze zwischen beiden Seiten bewacht und darauf achtet, dass niemand einen Fuß auf die „verbotene“ Seite setzt. Diesen Auftrag hat er von einem General, der befohlen hat, dass nur er die rechte Seite betreten darf. Der General möchte im Buch seinen großen Auftritt auf der weißen rechten Seite haben und niemand soll ihm diese streitig machen. Stück für Stück füllt sich die linke Seite des Buches mit Neuankömmlingen, die etwas Dringendes auf der anderen Seite erledigen wollen. Doch wer auch immer neu dazu stößt wird direkt vom Aufpasser abgewiesen. Irgendwann löst ein kleiner Ball des Anstoßes einen großen Tumult aus und ganz unerwartet hat plötzlich jemand anderes seinen großen Auftritt…
„Hier kommt keiner durch!“ ist in vielerlei Hinsicht ein Buch der besonderen Art: Es gibt keinen Text im klassischen Sinne, sondern nur Sprechblasen für die einzelnen Figuren. Es gibt (meines Erachtens nach) kein Buch, dass so gekonnt mit den beiden Seiten eines Buches spielt und ihren Übergang als inhaltlichen Hauptbestandteil dergestalt inszeniert. Die Bilder sind wie in einem Wimmelbuch gestaltet und dem erwachsenen (Vor-)Leser dürften vor allem Figuren wie Emil Theodor oder die beiden kleinen Fußballer Lionel und Cristiano bekannt vorkommen. Besonders beeindruckend ist der vermeintliche „Held“ des Buches, der in wildem Galopp, mit weit aufgerissenem Mund und gefährlichem Blick angeritten kommt: der Generaaaaaaaaaal, ein richtiger Typ zum Fürchten (und auch von Bernardo P. Carvalho so gezeichnet). Alle anderen Figuren sind ebenso vielschichtig gestaltet, sprechen äußerst wenig bis gar nicht, beschweren sich aber in Mimik und Gestik so deutlich über die Ungerechtigkeit an der Grenze, dass ein ausführlich erzählender Text die Wirkung des ganzen Buches zunichtemachen würde. In diesem Buch braucht es nicht viel Text – es sind genug Personen da, die alle dasselbe Ziel haben. Ein wirklich zu empfehlendes Buch über die Fragen, wer eigentlich etwas zu sagen hat und wer bestimmt, wann etwas zu sagen ist.
Isabel Minhós Martins Hier kommt keiner durch!, ab 4 Jahren, Klett, erschienen am 26. August 2016, 978-3-95470-145-2
(Werbung, unbezahlt, Buch selbst gekauft)