Eines Tages landet auf einer Insel mitten im Nirgendwo Amelie mit ihrer knatternden Propellermaschine. Sie ist eine neugierige „Alleswissenwollerin“, die die Insel erforschen möchte und all ihre Eindrücke ganz genau in ihrem Notizbuch festhält. Doch auf der Insel ist sie nicht allein: Elefant, Tiger, Affe und zwei Hühner überlegen fieberhaft, was denn dieser Besuch wohl ist. Rüssel fehlt – kein Elefant. Keine Pfoten – kein Tiger. Kein Fell oder wenigstens ein paar Läuse – also auch kein Affe. Schließlich entscheiden sie, dass es sich wohl um einen Vogel handeln muss. Amelie hat zwar keine Flügel, ist aber mit einem Ding gekommen, das welche hat. Punkt. Und damit kann das Abenteuer beginnen…
Ich habe vor dem Lesen vermutet, dass es sich bei Amelie um ein kleines Mädchen handeln würde. Die Figur im Buch ist jedoch (höchstwahrscheinlich?) an die US-amerikanische Flugpionierin Amelia Earhart angelehnt, die als erste Frau die Welt um den Äquator umfliegen wollte, aber irgendwo im Pazifik verschollen ist. Und daher passt eine Protagonistin mit erwachsenen Zügen natürlich prima.

An dieser abenteuerlichen Geschichte ist das Meiste unbestimmt. Gegen Ende des Buches ist zwar nichts wirklich klar, aber dennoch alles geklärt: Es ist unwichtig, wer oder was genau der Besuch ist und warum und wofür er das macht, was er macht. Die Hauptsache ist, dass alle für richtig spannende Entdeckungen und neue Erfahrungen ganz unvoreingenommen an alles herangehen.
Weil die Tiere sich vorurteilslos darauf einlassen, können sie spüren wie es ist, wenn man etwas oder jemanden ins Herz schließt. Und nicht nur das! Sie lernen allerhand Kurioses aus der Menschenwelt kennen. „Borsten am Stiel“, „Augenfenster“ und das „Essen mit Werkzeugen“. All das probieren sie staunend aus. Auch die Tiere zeigen etwas aus ihrer Welt: Wisst ihr wie man ein Spinnennetz knüpft? Oder habt ihr schon einmal gehört wie sich ein Echo aus sechs Kehlen anhört? Es geht eben nicht nur um Amelie, die Entdeckerin, sondern um Amelie und die Entdecker.

Dieses Bilderbuch ist eine sehr schöne Parabel auf die kindliche Neugier! Es gibt in den wunderbar fein gezeichneten Illustrationen von Mirjam Zels so vieles zu sehen. Nicht nur Amelie macht also jede Menge neue Entdeckungen. Auch die Kleinen entdecken schon erstaunlich viel.
Und weil man ja bekanntlich gehen soll, wenn es am schönsten ist, macht sich Amelie in ihrem fliegenden Etwas auf den Weg nach „Anderswo“. Mit im Gepäck hat sie Kokosnüsse, Bananen und zwei blumengeschmückte Hühner. Es bleibt nur noch zu hoffen, dass dieses Anderswo dieses Mal ein bestimmtes ist…
Barbara van den Speulhof und Mirjam Zels (Ill.) Amelie und die Entdecker Mixtvision, ab 3 Jahren, erschienen am 18. August 2021, 978-3-95854-166-5